Ivan Pavlov und Trailrunning: Ein Zusammenhang

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Seine Hochzeit hatte er in den 20er Jahren: Ivan Pavlov, Physiologe. 

Schwerpunktmäßig befasste sich Pavlov mit Konditionierungsprozessen menschlichen Verhaltens. In seinen Forschungen hierzu konzipierte er das Modell des ,,Pavlovschen Hundes" - in welchem recht plastisch das Erlernen von Verhalten in Verknüpfung mit (Sinnes-) reizen und Verstärkern dargestellt wird.

 

Ein kurzer Abriss:

Menschen und Tiere besitzen angeborene, unerlernte physiologische, biologische und intrapsychische Verhaltensweisen. Bedeutet: Wir reagieren zum Teil spontan, unbewusst und reflexartig auf manche Reize.

Ivan Pavlov erklärte diesen Sachverhalt anhand des Speichelflusses eines Hundes, der einsetzt, sobald der Hund sein Futter sieht und riechen kann. Das kennen wir auch von uns selbst, oder? Haben wir bereits etwas Hunger und riechen, während wir in den Gassen eines italienischen Kleinortes umher schlendern, den deliziösen Geruch einer hausgemachten Pizza  - läuft uns sprichwörtlich ,,das Wasser im Mund zusammen". Das meint nichts anderes, als unsere (biologische) Reaktion auf einen unkonditionierten Reiz.

Unkonditioniert deshalb, da wir dieses Verhalten nicht erlernt haben - es passiert ,,einfach", ohne das wir solches beeinflussen könnten.

 

Im weiteren Prozess ließ Pavlov eine Glocke läuten. Der Hund reagierte darauf nicht. Warum auch?Die Glocke war neu für ihn - er wusste also nicht, was damit anzufangen ist.

Sind uns Menschen Sachverhalte völlig neu und sind wir zudem nicht voreingenommen, so reagieren auch wir ,,neutral" auf solche.

 

Nun ließ Ivan Pavlov jedoch Futter und Glocke gleichzeitig auftreten. Der Hund fing abermals (durch das Futter) an, zu speicheln. Solche Momente ließ Pavlov einige Male kontinuierlich und in Kombination zueinander stattfinden. Am Ende ließ der Wissenschafter bei seinem Experiment das Futter weg und beobachte die Reaktion des Hundes. Beim bloßen Glockenläuten begann der Hund, zu speicheln. An dieser Stelle möchte ich nochmals bemerken, dass die Glocke zu Beginn des Experimentes zu keiner spezifischen Reaktion beim Hund führte - sie nun jedoch Speichelfluss hervorrief!

 

Und so funktionieren Konditionierungsprozesse auch bei uns Menschen. Wir sind dazu in der Lage, neutrale Reize mit bedingten Reaktionen (biologisch vorbestimmt)  zu verknüpfen und so eine Assoziation zueinander herzustellen. Das ist großartig - wenn es angenehme Dinge sind, die uns dadurch widerfahren. Eines von vielen Negativbeispielen fand in früherer Zeit bei der Umgehensweise mit homosexuellen Menschen statt: Um diese vermeintlich therapieren zu wollen zeigte man ihnen Fotos des präferierten Geschlechts und vergab ihnen gleichzeitig Stromschläge - um solche Geschlechtsaffinität unterbinden zu wollen. Da Stromschläge nicht unbedingt angenehm sind, wurde die Homosexualität der hier ,,Betroffenen" als unangenehm erlebt. 

 

Was aber hat das nun alles mit Trailrunning zutun?

Gute Frage! Um im weiteren Kontext auf das eigentliches Thema, nämlich dem Zusammenhang zwischen Ivan Pavlov und Trailrunning einzugehen, musste ich diesen kurzen Abriss stattfinden lassen um euch nun zu veranschaulichen, wie ich mich von Zeit zu Zeit (in meinem Training) selbst konditioniere. Klingt creepy? Ist es auch! Aber eben zusätzlich hilfreich, weshalb ich euch daran teilhaben lassen möchte...

 

 

Seit meinem Studium und dem Durcharbeiten durch solche oben genannten Theorien lasse ich mir selbst die Möglichkeit offen, immer mal wieder Strukturen in mir und meinem Verhalten wahrzunehmen und ggf. zu ändern. Wir Menschen sind ja glücklicherweise keine Maschinen, die ,,fertig" auf die Welt kommen und dann immer so bleiben und existieren müssen, wie sie sind; wenngleich unser Chromosomensatz genetisch vorbestimmt ist - unsere Wahrnehmung und unser Verhalten sind es nicht. 

Nein, uns allen wohnt das große Gut inne, dass wir Veränderungen stattfinden lassen können; bereits Erlerntes auch wieder verlernen können und neue Assoziationen zu unserem Alltag addieren können.

 

Insbesondere in den letzten Monaten, in welchen ich mit meinem ,,Lauftief" zu ,,kämpfen" hatte, fielen mir meine Strategien auf, mit denen ich versuchte, die Oberhand über mein Training wieder zu erlangen.

Wie ich bereits in meinem letzten Blogpost niederschrieb, redete ich mir selbst gut zu - beeinflusste mein Training bewusst durch positive Erlebnisse.

-Das solltet auch ihr versuchen, wenn die Unlust sich 'mal ihre Präsenz sucht und ihr solcher keine Herberge gewähren wollt.

 

Eine Beeinflussung fand gar im Rahmen einer Konditionierung mithilfe von positiven Verstärkern statt, die ich nun gerne näher beschreiben möchte:

 

Spontan erhielt ich im vergangenen Jahr ein paar Tage frei und fuhr an den Gardasee; dort wollte ich laufen gehen um die Zeit für mich aktiv zu nutzen. Ich genoss die herbstlich mediterrane Stimmung dort sehr und freute mich über jeden einzelnen Sonnenstrahl, der meine Haut wärmte. Ich schoss viele Fotos, um die Momente für mich festzuhalten und drehte auch einige Clips, die ich später zusammenschnitt - mit Musik unterlegte und mir immer mal wieder ansah. So hatte ich auch Zuhause noch eine schöne Erinnerung an den Urlaub. Da mir das Lied des Clips so gut gefiel, überspielte ich es kurzerhand auf meinen Ipod - um es auch beim Laufen anhören zu können. Als ich es dann zum ersten Mal während eines pupstrockenen Laufes an einem mausgrauen Tag anhörte, schossen mir unmittelbar die Viedeoaufnahmen des Clips vor meinem inneren Auge entgegen: Die tiefstehende Sonne, der Gardasee, Ich- wie ich umher laufe. Unmittelbar erhellte sich meine Stimmung und auch meine Umgebung wurde bunter. Es präsentierte sich mir eine Assoziation, die ich selbst geschaffen und positiv untermauert hatte. Das beeinflusste mich sehr und mir fiel auch bei weiteren Läufen auf, dass ich einen großen Nutzen aus dem Lied und der dahinter stehenden Assoziation zog. Bis heute versetzt mich solcher Song an den Gardasee, erinnert mich an die italienische Sonne und die trails, die ich dort gelaufen bin. Eine Kleinigkeit - ein Lied - schafft es also, aus einem vermeintlich mausgrauen Tag einen bunten Tag werden zu lassen.

 

Was du für dich ,,mitnehmen" kannst:

Bei diesen Schilderungen handelt es sich logischerweise um meine Wahrnehmung, die Strategie, die ich für mich wählte und positiv glückte. Wie jedoch im ersten Abschnitt solchen Blogs erwähnt, handelt es sich bei der klassischen Konditionierung + Verstärkung um ein wissenschaftlich fundiertes Verfahren, welches durch weitere Forschungen erwiesen ist und in der Praxis immer wieder Anwendung findet. Also warum nicht auch in deiner, ganz persönlichen Herangehensweise an bestimmte Situationen, und/ oder (un-) angenehme Zustände? Probier's doch vielleicht einfach mal aus, neutrale oder bereits negativ besetzte Situationen (im oder außerhalb des Trainings) mit angenehmen Dingen zu verbinden und beobachte, was passiert. Wichtig dabei ist, dass du nach einem einmaligen Versuch nicht direkt aufgibst - sondern es mehrmals versuchst; ja - dich dabei auch immer wieder selbst belohnst und wohlwollend + geduldig mit dir bist.

 

Ich wünsche euch viel Spaß beim herumexperimentieren! (Aber bitte ohne Stromschläge)

Eure Sarah

 

 

 

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